Marktbericht
Hypoport SE: Einschätzung zum BEG-Förderstopp, Risikopuffer Banken für Wohnimmobilienkredite und möglicher Zinswende
Berlin, 2. Februar 2022: Die Hypoport SE ordnet die Entwicklung von drei politischen, regulatorischen und makroökonomischen Ereignissen im Januar 2022 auf die zukünftige Entwicklung im deutschen Wohnimmobilienmarkt, dem wichtigsten Marktumfeld für die Hypoport-Gruppe, ein.
BEG-Förderstopp: Am Wochenende 22./23. Januar hat das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium aufgrund der hohen Nachfrage überraschend beschlossen, die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) der KfW mit sofortiger Wirkung zu stoppen. Beim BEG handelt es sich um ein Förderprogramm für private und institutionelle Bauherren zur Errichtung von energetischen Wohnimmobilien. Durch den abrupten Stopp kommt es bei diesen Bauherren nun zu erhöhtem Beratungsbedarf hinsichtlich der Umgestaltung des Bauvorhabens.
Die Hypoport SE erklärt hierzu, dass lediglich rund 20% der über den Marktplatz Europace abgewickelten Finanzierungen für den Neubau vorgesehen und damit potenziell BEG-relevant sind. Der weit überwiegende Teil entfällt auf den Kauf bzw. die Refinanzierung von bestehendem Wohneigentum; Vorgänge, welche grundsätzlich nicht vom BEG-Stopp betroffen sind. Da zudem Ende Januar 2022 ein Teil der nun gestoppten BEG (für das Effizienzhaus 55*) planmäßig ausgelaufen wäre, beschränken sich die zukünftigen Auswirkungen des überraschenden BEG-Stopps auf Neubauvorhaben mit Förderung für ein Effizienzhaus 40*.
Auch wenn die beteiligten Bundesministerien am 1. Februar angekündigt haben, bereits vor dem abrupten Stopp eingegangene Anträge nun doch zu bearbeiten, bleibt für Bauherren die Ungewissheit welche genauen Fördermöglichkeiten zukünftig entstehen werden. Während der Wartezeit geht die deutsche Kreditwirtschaft in den meisten Fällen in die Verantwortung und sichert die Finanzierungen ab. Vereinzelt werden Bauherren die nun nicht mehr geförderten energieeffizienten Maßnahmen aus ihren Bauvorhaben entfernen und so die entgangene Förderung kompensieren. Hypoport rechnet daher mit keinen wesentlichen Auswirkungen bei der Finanzierung laufender Bauvorhaben.
Aufgrund des hohen administrativen und finanziellen Zusatzaufwandes wurde zuletzt nur jedes zweite Bauvorhaben mit diesen hohen energetischen Ausstattungsmerkmalen realisiert. Hypoport schätzt das durch den Förderstopp für das Effizienzhaus 40 betroffene Finanzierungsvolumen auf weniger als 3% der Europace-Plattform. Die Bauvorhaben hinter diesen Finanzierungen werden bis zum Vorliegen einer neuen, verbindlichen Anschlussförderung zum Großteil mit einem geringeren Energieeffizienzanspruch realisiert werden, da Bauherren diese Bauvorhaben aufgrund ihres persönlichen Wohnraumbedarfs realisieren werden. Energieeffizientes Bauen hat keinen Selbstzweck und ist nicht der Grund für ein Bauvorhaben. Vor diesem Hintergrund rechnet Hypoport nicht mit wesentlichen Veränderungen der Wachstumsdynamik seiner plattformbasierten Geschäftsmodelle im Selbstnutzermarkt für Wohnimmobilien.
Die ebenfalls vom BEG-Stopp betroffene kommunale Wohnungswirtschaft wird die gestoppte Förderung durch erfolgreiche Nachverhandlungen anderer Fördermittel von Kommunen und Ländern kompensieren oder den Umfang der energetischen Effizienz anpassen, um ihrem politischen Auftrag zum sozialen Wohnungsbau gerecht zu werden. Ob es innerhalb der kommunalen Wohnungswirtschaft zu Projektverzögerungen durch diese Verhandlungen kommen wird, bleibt abzuwarten. Die dämpfenden Wirkungen auf den privaten Wohnungsbau zur Vermietung, einem Marktsegment welches nur peripher von den Geschäftsmodellen der Hypoport Gruppe erfasst wird, lassen sich aktuell aufgrund der starken Segmentierung dieses Teilmarktes kaum einschätzen. Hypoport geht jedoch durch die Verschiebung von Projekten aus diesem Teilmarkt von einem zusätzlichem Nachfragedruck auf den Eigentumsmarkt und den sozialen Mietwohnungsbau aus.
Neuer Risikopuffer für Banken: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Mitte Januar 2022 angekündigt von deutschen Banken bis Februar 2023 einen sogenannten "sektoralen Systemrisikopuffer" von 2% auf mit Wohnimmobilien besicherte Kredite zu erheben. Diese Ankündigung kam aus Sicht von Hypoport für die kreditgebenden Banken zwar überraschend, stellt jedoch aufgrund der langen Vorlaufzeit von zwölf Monaten und der guten Eigenkapitalausstattung der deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken für die meisten Institute keine ernsthafte Herausforderung dar. Auch sind einige der mittlerweile 700 finanzierenden Institute auf Europace, wie beispielweise Versicherungen, von der Regelung gar nicht betroffen, so dass es lediglich zu einer Verschiebung der Wettbewerbsfähigkeit auf der Angebotsseite der Europace-Plattform kommen dürfte. Verbraucher kaufen Immobilien in Deutschland auch weiterhin nicht spekulativ, sondern für die Eigennutzung aufgrund der persönlichen Lebenssituation und teils drängender persönlicher Bedürfnisse. Gegebenenfalls leicht höhere Zinsen wirken insofern nur leicht auf Größe, Lage oder Ausstattung der Immobilie, jedoch weniger auf das Volumen und die Struktur der Finanzierung. Hypoport sieht die Auswirkungen auf sein Geschäftsmodell daher als gering an.
Mögliche Zinswende: Aufgrund der angestiegenen Inflation und der Spekulation auf eine Abkehr der EZB von der Niedrigzinspolitik wird von einigen Experten ein schrittweiser stetiger Zinsanstieg erwartet. Durch die seit vielen Jahrzehnten konservative Finanzierungskultur in Deutschland mit viel Eigenkapital, langen Festzinsbindungen und in den letzten Jahren gestiegenen Tilgungsraten, sieht Hypoport derzeit für Finanzierungsvorhaben zu privatgenutzten Wohnimmobilien kein Marktrisiko in Deutschland. Beim Neuerwerb von Immobilien betreffen Zinserhöhungen traditionell eher die Entscheidung von Kapitalanlegern. Dieser Verwendungszweck stellt jedoch auf der Europace-Plattform die Ausnahme dar. Der weit überwiegende Teil der privaten Immobilienfinanzierungen auf dem Hypoport Marktplatz wird zur Eigennutzung der Immobilie verwendet. Hypoport sieht die Auswirkungen einer möglichen Zinswende auf das weitere Wachstum seiner Geschäftsmodelle in der privaten Immobilienfinanzierung daher als gering an.
Ronald Slabke, Vorstandsvorsitzender der Hypoport SE, ordnet die aktuellen Entwicklungen in der deutschen Wohnungswirtschaft ein: "Der abrupte Stopp der BEG-Förderung dürfte private Bauherren zu weniger energetischen Bauvorhaben verleiten bzw. zwingen. Eine spürbare Auswirkung auf zukünftiges Finanzierungsvolumen sehen wir jedoch hierdurch derzeit nicht."
Auswirkungen auf den Klimaschutz und den Mietmarkt werden nach Ansicht von Slabke jedoch existieren: "Die neue Bundesregierung ist angetreten, mehr für die Klimawende und den Wohnungsbau zu tun. Ein Ziel welches Hypoport absolut begrüßt. Die aktuelle Vollbremsung bewirkt jedoch leider das absolute Gegenteil. Für das Erreichen der Klimaziele zählt jetzt jede Woche, da sonst immer mehr private Bauvorhaben energetisch abgespeckt werden oder erst gar nicht energieeffizient geplant werden. Die Bundesregierung muss jetzt liefern und sich bei den neuen Programmen an der Wirkung der gerade gestoppten Förderung messen lassen. Ohne eine deutliche Volumensausweitung hätte kein Bauherr mehr das Vertrauen, dass die Fördertöpfe nicht wieder leer sind, bevor er mit der Planung durch ist. Es müssen jetzt den vielen Worten endlich Taten folgen, für die Klimawende im Wohnungsbau und Bestand."
Hinsichtlich des neuen Risikopuffers für Banken ergänzt er: "Aus unserer Sicht handelt es sich hierbei ähnlich wie beim BEG-Stopp um eine nicht nachvollziehbare und unbedachte Maßnahme. Deutsche Konsumenten finanzieren ihre selbstgenutzten Wohnimmobilien traditionell sehr konservativ. Auf Europace, der größten Kreditplattform zum Abschluss von Finanzierungsprodukten für Privatkunden in Deutschland werden aktuell Immobilienfinanzierungen mit durchschnittlich fast 14 Jahren Zinsbindung und 2,6% jährlicher Tilgung bei einem Beleihungsauslauf von 80-85% vermittelt. Wir sind in Deutschland weit entfernt von einer Immobilienblase, auch wenn diese von immer den gleichen Institutionen seit mehr als sieben Jahren postuliert wird. Das Gegenteil ist der Fall: Wir haben weiterhin einen massiven Mangel an Wohnraum in allen Schwarmstädten dieses Landes."
Zu einer mögliche Zinswende ergänzt Slabke: "Die Entscheidung zum Ersterwerb einer selbstgenutzten Immobilie wird von deutschen Verbrauchern nicht auf Grundlage des aktuellen Zinsniveaus getroffen. Entscheidend ist, ob die Immobilie besser zur eigenen Lebenssituation passt. Bei sukzessiv steigenden Zinsen und Baukosten werden potenzielle Immobilienkäufer schneller handeln und etwas mehr Kompromisse bei Größe und Lage des Kaufobjektes machen. Zu einem strukturellen Rückgang der Nachfrage nach selbstgenutztem Wohnraum wird es aufgrund eines schrittweisen Zinsanstiegs aus unserer Sicht also nicht kommen. Gerade in den Metropolregionen hat sich viel Nachfragedruck aufgestaut."
*Beim Effizienzhaus 40 bzw. 55 gibt der unterschiedliche Zahlenwert an, wie energieeffizient ein Gebäude im Vergleich zu einem Referenzgebäude ist. Je niedriger die Zahl, desto höher die Energieeffizienz und umso höher die KfW-Förderung.
Über die Hypoport SE
Die Hypoport SE mit Sitz in Lübeck ist Muttergesellschaft der Hypoport-Gruppe. Mit ihren rund 2.500 Mitarbeitern ist die Hypoport-Gruppe ein Netzwerk von Technologieunternehmen für die Kredit- & Immobilien- sowie Versicherungswirtschaft. Sie gruppiert sich in vier voneinander profitierende Segmente: Kreditplattform, Privatkunden, Immobilienplattform und Versicherungsplattform
Das Segment Kreditplattform betreibt mit dem internetbasierten B2B-Kreditmarktplatz Europace die größte deutsche Plattform für Immobilienfinanzierungen, Bausparprodukte und Ratenkredite. Ein vollintegriertes System vernetzt rund 800 Partner aus den Bereichen Banken, Versicherungen und Finanzvertriebe. Mehrere Tausend Finanzierungsberater wickeln monatlich über 35.000 Transaktionen mit einem Volumen von über 8 Mrd. Euro über Europace ab. Neben Europace fördern die Teilmarktplätze FINMAS und GENOPACE sowie die B2B-Vertriebsgesellschaften Qualitypool und Starpool das Wachstum der Kreditplattform. Zudem zählen auch die REM CAPITAL AG und die fundingport GmbH mit ihrer Beratung und ihrem Finanzierungsmarktplatz für Firmenkunden (Corporate Finance) zum Segment Kreditplattform.
Das Segment Privatkunden vereint mit dem internetbasierten und ungebundenen Finanzvertrieb Dr. Klein Privatkunden AG und dem Verbraucherportal Vergleich.de alle Geschäftsmodelle, die sich mit der Beratung zu Immobilienfinanzierungen, Versicherungen oder Vorsorgeprodukten direkt an Verbraucher richten.
Das Segment Immobilienplattform bündelt alle immobilienbezogenen Aktivitäten der Hypoport-Gruppe außerhalb der privaten Finanzierung mit dem Ziel der Digitalisierung von Vermarktung, Bewertung, Finanzierung und Verwaltung von Immobilien.
Das Segment Versicherungsplattform betreibt mit SMART INSUR eine internetbasierte B2B-Plattform zur Beratung, zum Tarifvergleich und zur Verwaltung von Versicherungspolicen. Zudem werden dem Segment auch der Versicherungsbereich der B2B-Vertriebsgesellschaft Qualitypool sowie die digitale Plattform ePension für die Verwaltung betrieblicher Vorsorgeprodukte zugeordnet.
Die Aktien der Hypoport SE sind an der Deutschen Börse im Prime Standard gelistet und seit September 2021 im MDAX vertreten.
Kontakt
Jan H. Pahl
Head of Investor Relations // IRO
Tel.: +49 (0)30 / 42086 - 1942
Mobil: +49 (0)176 / 965 125 19
E-Mail: ir@hypoport.de
Hypoport SE
Heidestraße 8
10557 Berlin
www.hypoport.de
Über die Aktie
ISIN DE 0005493365
WKN 549336
Börsenkürzel HYQ
02.02.2022 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht, übermittelt durch DGAP - ein Service der EQS Group AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.
Die DGAP Distributionsservices umfassen gesetzliche Meldepflichten, Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen.
Medienarchiv unter http://www.dgap.de