Deutsche Post AG
 

Pressemitteilung vom 05.12.2003

Artikel aus Börsenzeitung (27.11.2003): Dr. Edgar Ernst zu Pensionsverpflichtungen

Pensionsverpflichtungen – wie hoch sind die Risiken?

Die Risiken von Pensionsrückstellungen sind in den letzten Monaten zunehmend in den Blickpunkt von Unternehmen, Kapitalmärkten, Analysten und Wirtschaftsprüfern gerückt. Auslöser der teilweise kontroversen Diskussion waren einerseits die andauernde Schwäche der Aktienmärkte und die historisch niedrigen Zinsen, die zum Teil zu einer substanziellen Unterfinanzierung der Pensionsfonds führten. Andererseits spielte die veränderte Bewertung von Pensionsrückstellungen als Verbindlichkeiten, wie sie von der Rating-Agentur Standard & Poor‘s vorgenommen wurde, eine große Rolle. Die Deutsche Post World Net hat als einer der größten Arbeitgeber in Deutschland ein Alterssicherungssystem entwickelt, das den komplexen und vielfältigen Anforderungen gerecht wird.


1. Struktur der Pensionszahlungen vor dem Börsengang 2000 Der Börsengang im November 2000 war für die Deutsche Post eine entscheidende Station auf dem Weg des Wandels zu einem erfolgreichen, marktorientierten Unternehmen. Die Börsennotierung erforderte zwingend, die Pensionsansprüche der Beamten und Angestellten des Unternehmens dauerhaft unter Kontrolle zu bringen. Das Vorhaben wurde dabei von zwei Hauptzielsetzungen geleitet: zum einen galt es, verlässliche Pensionszahlungen für die Beschäftigten zu gewährleisten und zum anderen, aus Sicht der Investoren ein profitables Unternehmen zu entwickeln.

Im Vorfeld des Börsengangs sah sich die Deutsche Post enormen Pensionslasten gegenüber. Denn außer den Beamten waren auch die übrigen Beschäftigten mit großzügigen Ruhegeldbezügen ausgestattet. Erschwerend kam hinzu, dass zu Beginn der Privatisierung Mitte der 90er Jahre Pensionsrückstellungen nicht in der Unternehmensbilanz ausgewiesen wurden, sondern gemäß der Vorschriften des deutschen Handelsgesetzbuches nur im Anhang Erwähnung fanden.

2. Reform der Pensionsbezüge und Integration in die Unternehmensbilanz Im Rahmen der Postreform II wurde eine neue Lösung für die Beamtenpensionen gefunden. Sie sieht vor, dass die Deutsche Post für ihre Beschäftigten mit Beamtenstatus nach einem festgelegten Schlüssel Beiträge an ein Pensions- Sondervermögen zahlt. Durch diese definierten Beiträge begrenzt die Deutsche Post ihre jährlichen Auszahlungen und vermeidet weitere Risiken. Seit dem Jahr 2000 ist der Beitrag auf das Äquivalent von 33 Prozent des jährlichen Bruttogehalts der aktiven Beamten beschränkt. Der Empfängerkreis ist klar begrenzt und wird angesichts der sinkenden Zahl der aktiven Beamten stetig kleiner. Im Vergleich zu den hohen jährlichen Festbeträgen bis 1999 sind die Zahlungen seit dem Jahr 2000 durch die neue Pensionsregelung deutlich zurückgegangen.

Die Pensionsverpflichtungen gegenüber den Angestellten wurden bis 1999 nicht in der Unternehmensbilanz dargestellt. Dadurch, dass die Deutsche Post ab Mitte der Neunziger Jahre zum einen in steigendem Maße operative Erfolge verzeichnen konnte und zum anderen eine konsequente Realisierung von stillen Reserven im Bereich der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände betrieb, war es möglich, zum Börsenstart im Herbst 2000 alle Pensionsverpflichtungen auch nach internationalen Bilanzierungsregeln in der Bilanz abzubilden. Diese Aussage ist deswegen von großer Bedeutung, da die Bildung von Pensionsrückstellungen in der Bilanz nichts anderes bedeutet, als dass die Deutsche Post World Net alle Pensionsverpflichtungen durch Vermögensgegenstände auf der Aktivseite der Bilanz gedeckt hat. Damit war ein wichtiges Ziel erreicht: Die Pensionsverpflichtungen der Deutschen Post World Net waren unter Kontrolle.

3. Aktuelle Struktur der Altersversorgung

Die Deutsche Post beschäftigt heute weltweit rund 380.000 Mitarbeiter, von denen ein Großteil - insbesondere in Deutschland - Pensionsansprüche haben.

Die Pensionen für Arbeiter und Angestellte setzen sich aus fondsfinanzierten und nicht-fondsfinanzierten Verpflichtungen zusammen. Der Unterschied besteht darin, dass die fondfinanzierten Verpflichtungen über einen ausgelagerten Pensionstrust finanziert werden und für die sonstigen Pensionsverpflichtungen Rückstellungen gebildet wurden. Das Fondvermögen hat einen Anteil von rund 25 Prozent und besteht weitgehend aus festverzinslichen Anlagen. Insgesamt hat die Deutsche Post Pensionsrückstellungen - ausschließlich für Verpflichtungen gegenüber Angestellten und Arbeitern - in Höhe von rund 6,3 Milliarden Euro in ihrer Bilanz 2002 ausgewiesen. Die definierten Abgaben für die Beschäftigten mit Beamtenstatus entsprechen einer Beitragszusage an einen Pensionsfond, insofern müssen keine Rückstellungen für die Beamtenversorgung gebildet werden.

4. Risiken einer internen oder externen Finanzierung von Pensionen Im Zusammenhang mit der 'deutschen' Praxis der Rückstellung von Pensionsverpflichtungen sprach man oftmals von „ungedeckten Pensionsverpflichtungen“. Damit wurde ignoriert, dass gerade durch die Passivierung der Pensionsverpflichtungen diesen zwangsläufig Vermögensgegenstände auf der Aktivseite der Bilanz gegenüberstehen. Somit sind die Pensionsverpflichtungen alles andere als „ungedeckt“: Sie finanzieren Vermögensgegenstände, durch welche das Unternehmen die notwendigen Mittel erzielt, um die Pensionen zu begleichen. Man sprich hier sinnvollerweise von „interner Finanzierung“. Die Anlage von Mitteln zur Sicherung der Pensionsverpflichtungen außerhalb des Unternehmens - zum Beispiel in Pensionsfonds, Pensionskassen oder Pension Trusts - stellt somit eine 'externe Finanzierung' dar. 'Ungedeckt' ist eine Pensionsverpflichtung dagegen nur dann, wenn weder innerhalb der Bilanz eines Unternehmens noch außerhalb die notwendigen Vermögensgegenstände angesammelt werden, um die Pensionsverpflichtung zum Fälligkeitstermin zu zahlen.

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn - wie bei vielen Unternehmen geschehen - eine externe Finanzierung auf dem Wege der Aktienanlage durchgeführt wurde und statt der erwarteten Rendite durch die Börsenbaisse Wertverluste eingetreten sind. Die entstehende Deckungslücke führt nach geltenden Rechnungslegungsvorschriften nicht zwingend zu einer Erhöhung der Pensionsrückstellung. Liegt ein Fall der oben beschriebenen Art vor, entstehen tatsächlich „ungedeckte Verpflichtungen“. Da für einige deutsche und viele anglo-amerikanische Unternehmen genau diese Situation festzustellen war, ist die allgemein festzustellende Sensibilität des Kapitalmarktes im Umgang mit Pensionsverpflichtungen plausibel. Allerdings ist ein Wertverfall von Kapitalanlagen bei 'externer Finanzierung' bei der Deutschen Post World Net schon deswegen nicht anzutreffen, weil bis heute im Konzern überwiegend die interne Finanzierung bevorzugt wird. „Überwiegend“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ca. 75 % der Pensionsverpflichtungen im Konzern intern und die übrigen Verpflichtungen extern finanziert sind.

Letztlich sollte die Frage der Art der Bilanzierung der Verpflichtungen im Rating eine untergeordnete Rolle spielen. Viel wichtiger ist, ob die Deutsche Post World Net in der Lage ist, die sich über viele Jahre erstreckenden Rentenzahlungen dauerhaft zu bewältigen. Dies kann auf die simple Frage zurückgeführt werden, ob der Cash Flow der Deutschen Post World Net langfristig positiv sein wird.

Auch Finanzvorstände sind keine Hellseher und können daher nicht mit Gewissheit sagen, was in 30, 40 oder 50 Jahren sein wird. Was aber aus heutiger Sicht festgestellt werden kann, ist, dass die Ressourcen, die uns als Konzern zur Verfügung stehen, eingesetzt wurden und weiterhin werden, um den Konzern Deutsche Post World Net weltweit dauerhaft als ertragsstarken Logistik- und Finanzdienstleister zu etablieren. Der Einsatz unserer finanziellen Ressourcen zum Erreichen dieser Position und zur nachhaltigen Stabilisierung unserer Marktstellung ist aus heutiger Sicht die betriebswirtschaftlich sinnvollste Investition. Setzen wir unsere operativen Ziele um - wir sehen uns da auf einem guten Weg -, werden der Kapitalmarkt und somit auch die Rating-Agenturen weiterhin honorieren, dass die Deutsche Post World Net ein guter Gläubiger ist.

Dennoch hat die Rating-Agentur Standard & Poor‘s im Februar diesen Jahres ihre Sichtweise hinsichtlich Pensionsrückstellungen radikal geändert und sie vollständig als Verbindlichkeiten eingestuft. Entsprechend wurde die Deutsche Post zusammen mit einer Reihe anderer deutscher und europäischer Unternehmen im Rating herabgestuft. Der Anleihemarkt reagierte verbreitet mit Unverständnis auf die mit Pensionsverpflichtungen begründete Herabstufung. Diese Haltung spiegelt sich auch in der positiven Entwicklung unserer neuesten 10-Jahres-Anleihe wider. Trotz der Herabstufung war der Risikoaufschlag der zweiten Anleihe geringer als bei der ersten Anleihe mit einem damals besseren Rating.

5. Geringe Auswirkungen auf den Aktienwert Ebenso gering blieben die Auswirkungen der jüngsten Pensionsdiskussionen auf den Aktienkurs von Deutsche Post World Net. Belege dafür liefert ein Vergleich der Entwicklung unseres Aktienwertes mit dem DAX-Index nach der Herabstufung durch Standard & Poors am 7. Februar 2003. An diesem Tag fiel die Aktie der Deutschen Post um 5,6 Prozent und damit etwas stärker als der Dax, der rund 3,0 Prozent verlor. Die Differenz wurde jedoch bereits an den folgenden Handelstagen wieder ausgeglichen. Auch angesichts der weiteren Kursentwicklung bleibt festzuhalten, dass die im ersten Quartal 2003 lebhaft diskutierte Thematik der Pensionen keinen nachhaltigen negativen Einfluss auf den Börsenwert der Deutschen Post ausgeübt hat. Ganz im Gegenteil: die Performance der Aktie der Deutschen Post übertraf die allgemeine Marktentwicklung.

6. Erfolgreiches Risikomanagement der Deutschen Post Auch wenn die Frage nach dem Ausmaß der Risiken von Pensionsrückstellungen nicht eindeutig beantwortet werden kann, lassen sich doch einige substanzielle Schlussfolgerungen ziehen. Mit Sicherheit kann man festhalten, dass Pensionsverpflichtungen riskant werden, wenn das auszahlende Unternehmen keinen ausreichenden Cashflow erzeugt. Für ein Unternehmen wie die Deutsche Post World Net ist eine Lösung via Pensionsrückstellungen viel nützlicher als eine Finanzierung durch Pensionsfonds. Aus unserer Sicht führen Pensionsrückstellungen, verglichen mit einer externen Finanzierung, nicht zu einem höheren Risiko. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Gleichgewicht zwischen Pensionsverpflichtungen, Cashflow-Entwicklung und Kapitalstruktur besteht. Wir bei der Deutschen Post World Net sind daher davon überzeugt, dass wir unsere Pensionsverpflichtungen im Interesse unserer Investoren und Beschäftigten unter Kontrolle haben.

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